Auf dem Blauen Sofa: Katja Wagner und Anja Alpert sprechen über Jobsharing

Letzte Woche waren Katja Wagner und Anja Alpert von Unilever zu Gast auf unserem blauen Sofa, auf dem wir in Zukunft regelmäßig mit interessanten Menschen aus den Bereichen HR und New Work sprechen werden.
Celine und Anke sprachen mit ihnen über das Jobsharing-Modell, wie sie es umsetzen, worin sie Vorteile sehen und welche Rolle Jobsharing vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und des Fachkräftemangels spielt.
KANJA, wie sie genannt werden, sind beide schon lange bei Unilever und seit 8 Jahren gemeinsam als Jobsharing-Tandem unterwegs. Als sie familienbedingt in Teilzeit wechselten, merkten sie: Wenn es um Karriere und Führung geht, stößt man in einem Teilzeitjob schnell an Grenzen. Das bei Unilever schon einige Jahre etablierte Jobsharing-Modell ermöglichte es ihnen, einen verantwortungsvollen Job und Familie unter einen Hut zu bringen.
BF: Wie ist das Jobsharing bei Euch konkret ausgestaltet?
Wir arbeiten jeweils drei volle Tage. Das hat viele Vorteile: Für einen selbst ist so die Vereinbarkeit viel höher, da man nicht „gegen die Uhr arbeitet“ und sich komplett auf den Arbeitstag fokussieren kann. Auch für das Team und die Planung von Meetings ist das einfacher.
Was die Personalführung anbelangt, haben wir die Teammitglieder unter uns aufgeteilt, stehen aber immer in regem Austausch.
1. Geringe Komplexität. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass wir volle Tage arbeiten. So ist immer jemand da, was gut für Meetings ist.
2. Effizienz. Wir haben wenig Überschneidungen bei Meetings. Gemeinsame Meetings sind in der Regel nur das Teammeeting und unser Sparring.
3. Disziplin. Wichtige Informationen dürfen keinesfalls verloren gehen. Der Informationsfluss muss also immer gewährleistet sein.
Worin seht Ihr die größten Vorteile beim Jobsharing?
Aus unserer Sicht eignen sich insbesondere anspruchsvollere, strategische Tätigkeiten für das Jobsharing.
BF: Und warum sollten Unternehmen das Jobsharing-Modell einführen?
Aktuell liegt das Jobsharing-Modell einfach aufgrund der historischen Entwicklung noch sehr in der „Mutti-Ecke“. Das ist schade, denn da gehört es schon lange nicht mehr hin. In aller Munde sind Fachkräftemangel und New Work, es werden neue Wege gegangen, die Art und Weise wie wir arbeiten wird hinterfragt und Arbeit wird neugestaltet. Gerade jetzt müssen wir Jobsharing sichtbarer machen.
Wir sehen, dass immer mehr Menschen ihre Arbeitszeit, wenn möglich reduzieren wollen, um eine bessere Work-Life-Balance zu haben und Zeit für andere Projekte neben ihrem Job als Angestellte:r zu schaffen.
Eine Position als Jobsharing zu besetzen, hat in diesem Zusammenhang eine deutlich attraktivere Ausstrahlung auf viele suchende Arbeitnehmer:innen als diese Stelle in Teilzeit auszuschreiben. So kann es sein, dass sich mehr Akademiker:innen von der Stelle angesprochen fühlen. Jobsharing kann also ein entscheidendes Instrument sein, wenn es darum geht, die besten Talente anzuwerben. Der Vorteil für den Arbeitgeber liegt auf der Hand: strategische und anspruchsvolle Themen werden durch motivierte Mitarbeitende im Tandem verlässlich und qualifiziert bearbeitet.
Wenn wir von New Work sprechen, dann geht es dabei unter anderem auch immer mehr um das Wir und die Zurückstellung des Egos. Es geht um den Austausch, die Zusammenarbeit und die Ergebnisse. Es liegt also auf der Hand, dass Jobsharing ein wichtiger Teil von New Work ist. Wir nehmen wahr, dass jüngere Generationen, die nun auf den Arbeitsmarkt kommen, nicht mehr ein vergleichbar großes Interesse an Karriere und Führung haben. Durch Jobsharing und die damit einhergehende Aufteilung der Verantwortung sowie das in den Vordergrundstellen der Zusammenarbeit, können wir auch diese Generation abholen.
Es ist also durchaus relevant über Jobsharing zu sprechen und im Zuge des Employer Brandings sowie der strategischen Aufarbeitung der Mitarbeitendengewinung und -bindung über die Einführung dessen im eigenen Unternehmen nachzudenken.
BF: Was können Unternehmen tun, um das Jobsharing-Modell erfolgreich zu etablieren?
In einem ersten Schritt bietet es sich natürlich an, darüber zu informieren, zum Beispiel mit externen Speakern. Personen, die bereits Erfahrung mit diesem Modell gemacht haben, berichten davon und stehen bei Fragen zur Verfügung. Intern kann man auch proaktiv auf z.B. Eltern zugehen, die aus einer Elternzeit in verringerter Stundenzahl zurückkommen, und aufzeigen, dass das Jobsharing-Modell möglich ist.
Ganz wichtig: In der Stellenausschreibung schon darauf aufmerksam machen, dass diese Stelle als Jobsharing besetzt werden kann.
Insgesamt wünschen wir uns für das Jobsharing-Modell mehr Sichtbarkeit und noch mehr männliche Tandems. Gerade bei Unternehmen im Mittelstand sehen wir noch Aufholbedarf, hier wird das Jobsharing-Modell noch wenig genutzt. In Zeiten des Fachkräftemangels, in denen die Beschäftigung mit den Themen Mitarbeitendenbindung und -gewinnung noch nie wichtiger war, ist eine gewisse Offenheit gegenüber neuen Modellen, wie zum Beispiel Jobsharing notwendiger denn je.
Vielen Dank, Anja und Katja, für die spannenden Einblicke in das Jobsharing-Modell und die vielen wichtigen Impulse.