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KI im Employer Branding: Jung, attraktiv und sinnentleert?

Helge Zimmer zu sinnentleertem Employer Branding durch KI und Aufruf zur Authentizität der Arbeitgebermarke
21.01.2025

Perfekte Stellenanzeigen durch Künstliche Intelligenz? Fraglich.

Letztens scrollte ich so gemütlich durch Indeed und stieß auf eine Stellenanzeige aus der Pflegebranche. Auf den ersten Blick beeindruckend. Die Anzeige hatte ein hübsches Bild (drei lachende multiethnische Frauen) war makellos formuliert, mit perfekt gewählten Worten und einer fehlerfreien Struktur. Doch seltsamerweise blieb bei mir nach dem Lesen ein Gefühl von Leere zurück. Dieses Gefühl vertiefte sich als ich drei weitere Stellenanzeigen des gleichen Anbieters las. Etwas ähnliches erlebte ich kürzlich bei einem Kunden. Dieser präsentierte uns einen von KI generierten Entwurf für eine Stellenanzeige. Die Anzeige war beeindruckend gut geschrieben – keine Fehler, aber auch keinen Funken Menschlichkeit. Eine hübsch-formulierte Aneinanderreihung von Aufgaben und Benefits. Es fehlte nicht nur Herzblut sondern das Herzstück, das Bewerber:innen berührt und begeistert: die emotionale Ansprache, die Prägung der Arbeitgebermarke, die Liebe zum eigenen Tun, das Echte, das Warum der Zielgruppe.

Dieser Moment war für mich erhellend und besorgniserregend zugleich. Hey, werden wir als Agentur in diesem Feld obsolet? Das Beispiel zeigte doch, wie leistungsfähig KI geworden ist. Letztlich war dies aber auch ein klarer Hinweis darauf, was verloren gehen kann, wenn wir uns zu sehr auf Technologie verlassen und Inhalte unkommentiert nutzen. Das Herz.

Welche Rolle sollte KI also im Employer Branding spielen? Und wo liegen die Grenzen?

KI hat große Vorteile: Geschwindigkeit, Effizienz und die Fähigkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten. Besonders hier in Deutschland, wo der Fachkräftemangel omnipräsent ist, klingt das natürlich verlockend. Ohne Zweifel KI kann auch bei der Formulierung von Stellenanzeigen nutzen. Doch KI birgt auch Risiken. Inhalte, die sie generiert, hängen stark von den Daten ab, auf denen sie trainiert wurde. Jeder der einmal „Foto einer Frau am Arbeitsplatz“ in die gängigen Tools wie Midjourney oder Dall-E eingegeben hat, sollte erschreckt sein, wie voreingenommen die Ergebnisse sind:

Junge Frau bei der Arbeit

100% jung, 100% schlank, 100% attraktiv, 100% in Bürojobs.

Das gleiche gilt für den Text (Prompt = "Die Perfekte Stellenanzeige für eine Pflegekraft")

"Du bist mehr als nur eine helfende Hand – du bist das Herz unseres Teams!

Pflege ist mehr als ein Beruf – es ist eine Berufung. Wenn du mit Leidenschaft für Menschen da bist, sie mit Empathie begleitest und echte Nähe schaffst, bist du bei uns genau richtig. Wir suchen eine Pflegekraft (m/w/d), die mit Herz und Verstand für Menschen da ist.

Das erwartet dich bei uns

  • Abwechslung: Pflege und Betreuung von Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen – kein Tag ist wie der andere.
  • Teamwork: Du bist Teil eines herzlichen und hilfsbereiten Teams, das sich gegenseitig unterstützt.
  • Weiterentwicklung: Regelmäßige Schulungen und die Möglichkeit, deine Fähigkeiten zu erweitern.
  • Arbeitsklima: Ein wertschätzendes Umfeld, in dem deine Arbeit anerkannt wird – und das spürbar.
  • Flexibilität: Arbeitszeiten, die zu deinem Leben passen, ob Frühaufsteher oder Nachtschwärmer."

...

Perfekt, oder? Aber auch perfekt leer. Um was geht es hier und um wen? Was macht das Unternehmen wirklich aus? Und die Menschen?

Wie man sieht: Wenn Daten voreingenommen oder zu generisch sind, fehlt den Ergebnissen Authentizität, Originalität und die menschliche Nuance – all das, was eine starke Arbeitgebermarke ausmacht.

Employer Branding ist mehr als Content-Produktion. Es geht darum, die Geschichten, Erfahrungen und Emotionen von Menschen zu erzählen. Ohne diese persönlichen Nuancen wird eine Arbeitgebermarke – wird ein Arbeitgeber - austauschbar. KI allein kann diese Tiefe nicht liefern.

Die Balance finden: Kreativität trifft Technologie

Als Agentur sind wir fest davon überzeugt, dass Authentiztität und Kreativität die Herzstücke erfolgreichen Employer Brandings sind. Klar, KI kann bei der Analyse, der Ideenfindung und bei Routineaufgaben helfen. Aber wirkliche Strahlkraft entsteht erst durch Augenhöhe, Liebe zum Details, menschliches Einfühlungsvermögen und kreative statt künstlicher Intelligenz. Unsere Kampagnen zeigen, wie wichtig originelles Storytelling ist, um Zielgruppen zu begeistern. Aus der Arbeitgebermarke abgeleitete Inhalte sprechen die Sprache des Unternehmens und nicht einer Stereotype.

Authentizität und Einzigartigkeit bewahren

Für uns ist ein zentraler Aspekt des Employer Brandings das Erzählen echter Geschichten. In unserer Vorbereitung und Analyse müssen wir mit den Mitarbeitenden sprechen, ihre Sichtweisen verstehen und die Details erfassen, die ihr Unternehmen einzigartig machen. Ohne diesen persönlichen Austausch wird eine Marke blass und verliert an Authentizität. KI kann natürlich in der Gesprächsführung und Auswertung unterstützen, aber sie wird niemals diese Gespräche ersetzen.

Also: menschlich bleiben - trotz KI

Sollten wir KI im Employer Branding einsetzen? Meine Antwort: jawoll ja - aber nur mit Bedacht. Es gibt definitiv Potenziale, Effizienz zu steigern. Doch wir dürfen Individualität, Qualität und Authentizität niemals opfern.

Als Agentur bleibt es unsere Aufgabe, echte Strahlkraft für echte Arbeitgeber zu schaffen - und damit echte Menschen zu begeistern.