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Moderne Verwaltung ein Oxymoron? Wie Veränderung im öffentlichen Dienst gelingen kann.

Was es braucht, um Veränderung im öffentlichen Dienst erfolgreich voranzutreiben und warum das dringend notwendig ist.
15.08.2022

Franz Kafka schrieb ein sehr gutes Werk zum Thema Verwaltung: Das Schloss. In diesem Roman von 1922 verzweifelt der Landvermesser K. an dem bürokratischen Apparat, denn die Prozesse dauern und Transparenz fehlt vollkommen. Der Protagonist verzweifelt zwar, arrangiert sich aber irgendwie mit dem System. Der Roman bleibt allerdings ein Fragment. Wir wissen nicht, wie die Geschichte weitergeht.

Genau 100 Jahre später erscheint es manchen von uns - besonders denen, die Berührungspunkte mit Verwaltungen und öffentlichem Dienst haben- als hätte sich seit 1922 wenig verändert.

Dabei ist Veränderung möglich: Ein Beispiel hierfür sind die gern zitierten und wirklich guten Stellenanzeigen des Landkreis Darmstadt-Dieburg oder auch die veränderte Wahrnehmung des kommunalen Arbeitgebers Stromnetz Hamburg, an der wir teilhaben durften.

Was braucht es also für eine erfolgreiche Veränderung im öffentlichen Dienst? Die erste und wichtigste Antwort: Die Notwendigkeit zur Veränderung muss wahrgenommen werden. So befinden sich gerade Führungskräfte in Verwaltungen im „Haus der Veränderung“ nach Claes F. Janssen oft noch im Raum der Zufriedenheit. Veränderung durchläuft die Phasen: Erkenntnis, Motivation und Befähigung zur Veränderung. Innerhalb dieses Prozesses haben die Führungskräfte die Aufgabe sich selbst zu reflektieren, als Vorbild voranzugehen und mit viel Wertschätzung die Mitarbeitende mitzunehmen. Ohne externe Begleitung ist dies oftmals schwierig, denn die blinden Flecken sieht man selber am schwersten. Veränderung muss vorgelebt und auch die Mitarbeitenden müssen mitgenommen werden. Schlüssel hierfür ist Wertschätzung, die oft noch fehlt und ein begleiteter Prozess, um auf die richtige Flughöhe zu kommen. Ferner braucht es motivierte Ansprechpersonen, und ein Kernteam wie wir es im Landratsamt Nordsachsen vorgefunden haben.
 

Zukunftsstrategie 2030: Nordsachsen

Eine Verwaltung, die sich auf den Weg zur Veränderung gemacht hat, ist unser Kunde das Landratsamt Nordsachsen. Wem der Landkreis Nordsachsen bekannt ist, der weiß um seine Kulturschätze, Burgen und Schlösser. Aber auch die Stadt Torgau, eine der schönsten Renaissancestädte Deutschlands, lockt Besucher:innen an, die im Landkreis Nordsachsen ein breites Freizeit-, Gesundheits- und Wellnessangebot erleben können. Gleichzeitig ist er einer der Landkreise mit dem geringsten Durchschnittseinkommen in Deutschland.

Das Landratsamt dort zählt zu den größten Arbeitgebern in der Region. Das Landratsamt ist eine große Organisation mit vier Dezernaten, 21 Ämtern und fast 1.300 Mitarbeitenden. Der demografische Wandel und die regionale Nähe zu Leipzig und Halle entwickeln sich jedoch zu einem Problem. Ursprünglich aus den vier Landkreisen Torgau, Delitzsch, Oschatz und Eilenburg zusammengesetzt, gehört der Kreis laut Zukunftsatlas zu den gefährdeten Orten in Deutschland.
 
Umso wichtiger wird die erfolgreiche Veränderung hin zu einer modernen Verwaltung. Der Landkreis Nordsachsen stellt hierfür für mit seiner Zukunftsstrategie 2030 die Weichen.
 
Innerhalb des „Zukunftsprojekt 2030“ will der Landkreis die Herausforderungen bei der Digitalisierung sowie Mitarbeitendengewinnung und -bindung erfolgreich meistern. Das Projekt umfasst hierbei die Bereiche Bürgerservice, Standorte, Digitalisierung und Personal.
 

Strahlkraft von Innen nach Außen

Um den besonderen Herausforderungen des Landratsamts begegnen zu können, haben wir eine Herangehensweise mit Zwei-Säulen gewählt. Gemeinsam mit unserem Partner Lachs von Achtern arbeiten wir in der ersten Säule an der Rekrutierung und Gewinnung von neuen Mitarbeitenden, was federführend von Lachs von Achtern übernommen wird. Bei der zweiten Säule beschäftigen wir uns als Agentur mit Veränderung. Einer der wichtigen Faktoren hierbei ist die Entwicklung eines modernen und vor allem gelebten Arbeitgeber- und Führungsleitbilds. Der größte Schritt hierbei – die Entwicklung von einer hierarchiegeprägten Führung, typisch für Verwaltungen, hin zu einer partizipativen und transparenten Führungskultur.

Führung muss dabei ganzheitlich gelebt werden – UND alle Mitarbeitenden müssen eingebunden werden. Hierzu haben wir vor kurzem einen Blogartikel erstellt. Dort könnt Ihr erfahren, wie aus Eurem entwickelten Führungsleitbild kein zahnloser Tiger wird.

Unser grundsätzlicher Ansatz ist es, die Strahlkraft von Organisationen zum Vorschein zu bringen. Dieses Strahlen muss aus dem Inneren kommen und kann erst dann nach Außen scheinen. Bei unserer Arbeit wurde uns somit eines schnell klar: Punktuelle Workshops reichen nicht aus, um eine Veränderung dieser Größe erfolgreich implementieren zu können. Unser ganzheitlicher Veränderungsansatz beruht hierbei vor allem auf der aktiven Einbindung der Mitarbeitenden: Ein Arbeitgeber- oder auch Führungsleitbild, das ausschließlich von der obersten Führungsebene entwickelt und anschließend der Organisation „übergestülpt“ würde, wäre zu weit entfernt vom Hauptteil der Organisation.

 

Unser Vorgehen
Gemeinsam mit dem Kernteam des Amts für Personal & Organisation sorgen wir in mehreren Stufen dafür, dass möglichst alle Mitarbeitenden bei der Entstehung des Arbeitgeberleitbildes mitgenommen werden. Wir starteten mit einem strukturierten Kick-Off, um Erwartungen und die Ways of Working zu klären. Um erst einmal einen guten Eindruck vom Landratsamt und der aktuellen Arbeitgebersituation zu bekommen, gab es eine „Bürosafari“ an allen drei Standorten und ein Kennenlernen vor Ort. Es folgten dann Tiefeninterviews mit den Mitarbeitenden sowie den Fokusgruppen zum Thema Ausbildung und Jobstarter. Aus all den Informationen, die wir bis dahin sammeln konnten, identifizierten wir anschließend die Hauptprobleme: Fehlende Wertschätzung, zu geringe Identifikation mit dem Arbeitgeber, Feedbackkultur und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Schnell war deshalb klar, dass ein richtig gutes Recruitingskonzept allein nicht ausreicht und es auch internen Veränderungen bedarf. Das führte uns zum nächsten und sehr wichtigen Schritt: Betroffene zu Beteiligten machen! So erarbeiteten wir mit dem Landrat und den Dezernenten ein Arbeitgeber- und Führungsleitbild, welches in den vergangenen Tagen mit 80 Führungskräften vor Ort bearbeitet und weiterentwickelt wurde.

Die nächsten geplanten Schritte umfassen die Ausbildung von internen „Leitbildbotschafter:innen“ und der Erweckung des Leitbilds zum Leben durch z.B. Teammaßnahmen, nachhaltige und transparente Zielvereinbarungen, Veränderungen von Stellenanzeigen sowie 360° Feedback.

- To be continued. -