Mutlos gewinnt keine Talente

Employer Branding ist mehr als nur ein paar hübsche Worte auf einer Karriere-Website. Es ist der Versuch, Menschen für ein Unternehmen zu begeistern – mit Haltung, Klarheit und Mut.
Doch Mut fehlt uns in Deutschland oft. Angst ist ein Gefühl, das wir hierzulande ziemlich gut beherrschen. Wir haben sie vor vielen Dingen, die uns zurecht Angst machen. Aber auch vor vielen Dinge, die uns keine Angst machen sollten. Die einen kriegen sie beim Zahnarzt, die anderen bei Präsentationen mit Chefin oder Geschäftsführung. Vielleicht haben wir Deutsche sie auch ein bisschen systematisch? Vor Veränderung, vor Kontrollverlust – und ganz besonders vor Fehlern?
Im englischsprachigen Ausland gibt’s dafür diesen hübschen Begriff: „German Angst“. Im Ausland eine Zuschreibung. Bei uns Teil der Kultur? Und ja – German Angst macht auch vorm Employer Branding nicht halt.
Während anderswo mutig experimentiert, emotionalisiert oder sogar provoziert wird, regiert bei uns oft das Prinzip Sicherheit. Bei Waschmittelwerbung und Personalmarketing gilt: Lieber nur kleine Veränderungen. Lieber ´ne Agentur, die die Branche schon gemacht hat. Lieber nochmal durch den Vorstand. Lieber nochmal auf Nummer sicher. Lieber StepStone statt Guerilla. Lieber das Stockbild von den High Fives. Lieber auf die immer gleichen Stellenanzeigen setzen.
Dabei braucht wirkliche Veränderung immer Mut. Eine unserer Alltime-Favorite-Kampagnen ist “This is Belonging“ der britischen Armee. Diese Kampagne bricht komplett mit gängigen Erwartungen an Militärrhetorik. Statt mit Stärke, schnellen Schnitten und Fanfaren, rückt sie die emotionale Zugehörigkeit, Diversität und auch persönliche Zweifel in den Mittelpunkt – Werte, die im klassischen Recruiting-Milieu der Britischen Armee als eher untypisch galten.
„This is belonging“ ist ein radikaler Bruch. Die Kampagne ist nah am Menschen mit emotionalen Videos und Plakaten, starken Headlines wie „Keeping My Faith“ oder „Facing My Fears“ – und einer Haltung, die sagte: „Wir wollen dich so, wie du bist.“
Die Reaktionen waren gemischt – aber die Wirkung war beachtlich: Laut Angaben des britischen Verteidigungsministeriums stiegen die Bewerbungen nach dem Start der Kampagne im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 37 %. Besonders junge Menschen, die sich zuvor nicht angesprochen fühlten, identifizierten sich mit der neuen Ansprache. Laut britischem Verteidigungsministerium stiegen die Bewerbungszahlen in den Monaten nach Kampagnenstart deutlich an. Besonders junge Menschen, die sich zuvor nicht angesprochen fühlten, identifizierten sich mit der neuen Ansprache.
Ein mutiger Move, der zeigt: Sichtbarkeit entsteht nicht durch Lautstärke, sondern durch Relevanz. Und durch den Mut, bestehende Erwartungen zu hinterfragen.
Und in Deutschland? Gut, wir haben eine wirklich schöne Kampagne für die Bundeswehr. In unseren Augen braucht es aber in Zeiten von Fachkräftemangel, Wertewandel und einer neuen Erwartungshaltung seitens der Generation Z und Alpha generell mehr als brave Kommunikation. Es braucht Haltung – und den Mut, diese auch zu zeigen.
Unser Appell:
German Angst ist kein Mythos. Sie existiert – und sie hemmt Arbeitgeber dabei, die Sichtbarkeit zu erzeugen, die sie heute dringend brauchen. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, sie zu überwinden.
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Was steckt hinter der Zurückhaltung?
Natürlich geht es nicht darum, blind Risiken einzugehen. Wer eine Arbeitgebermarke entwickelt, trägt Verantwortung – gegenüber den eigenen Mitarbeitenden, der Kultur, dem Markt. Und dennoch beobachten wir in vielen Projekten, dass potenzialstarke Ideen auf halber Strecke weichgespült werden: durch zu viele Korrekturrunden, zu viele Stakeholder oder zu wenig Vertrauen in die eigene Marke.
Oft liegt es nicht an mangelndem Willen, sondern an fehlender Sicherheit: Was dürfen wir sagen? Wie weit können wir gehen? Was denken wohl unsere Bewerber:innen – oder die Geschäftsführung?
Dabei zeigen Studien:
- Die Generation Z legt besonderen Wert auf Authentizität, Haltung und klare Werte (Quelle: Studie der BCG, 2023).
- 76 % der Jobsuchenden achten laut StepStone darauf, ob ein Unternehmen seine Kultur klar kommuniziert – nicht nur in Worten, sondern im Auftritt.
- 45 % der Talente finden Arbeitgeberaussagen unglaubwürdig, wenn sie generisch oder beliebig wirken (Trendence, 2022).
Ein Beispiel aus unserer Praxis
Als wir gemeinsam mit der Stadt Münster die Kampagne „Du machst den Unterschied“ entwickelt haben, ging es uns um mehr als hübsche Bilder und nette Slogans. Es ging darum, eine Berufsgruppe zu würdigen, die sonst kaum im Fokus steht: pädagogische Fachkräfte. Gemeinsam mit unserem Kunden haben wir Mut bewiesen – und Geschichten erzählt, die berühren. Keine Hochglanzmotive, sondern echte Gesichter, echte Aussagen, echte Haltung.
Das Ergebnis: hohe Reichweiten, viel positives Feedback – und vor allem: Identifikation bei den eigenen Mitarbeitenden. Employer Branding funktioniert eben dann, wenn es nicht glatt ist, sondern glaubwürdig.
Was wir gelernt haben:
- Mut zahlt sich aus – wenn er strategisch begleitet wird.
- Haltung ersetzt keine Analyse. Gute Daten, klare Zielgruppen, fundierte Strategie = Basis.
- Wer Talente überzeugen will, muss sichtbar sein. Und Sichtbarkeit braucht Ecken, Kanten und Persönlichkeit.
Wir helfen, Sicherheit im Mut zu finden.
Als Agentur verstehen wir unsere Aufgabe nicht darin, „laute“ Kampagnen zu verkaufen oder Mediaschaltungen mit Doppel-Wumms (Reichweite und Kostenintensität) – sondern darin, Unternehmen zu helfen, ihre individuelle Strahlkraft zu entfalten. Und auch darin, Mut gemeinsam zu entwickeln. Denn Mut ist keine Einbahnstraße. Mut ist ein Prozess. Und den gestalten wir gerne mit euch – auf Augenhöhe, datenbasiert und mit ganz viel Erfahrung.